Dolmuş – Traditioneller Nahverkehr in der Türkei
- 30.11.2023 11:01
- Türkei
Dolmuş: Der traditionelle Personentransport der Türkei
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Dolmuş
- „Dol“: Ausgesprochen wie „doll“ im deutschen Wort „Dollar“.
- „muş“: Wie „musch“ im deutschen Wort „Muschel“, mit einem weichen „sch“ am Ende
Mitfahren, miterleben, mittendrin sein!
Ein kurzer Blick ins echte Leben in der Türkei – aufgenommen direkt aus einem fahrenden Dolmuş. Authentisch, spontan und ganz nah dran.
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Ein Moment, der für viele ganz normal ist: Der Dolmuş rollt langsam an die Haltestelle. Alltag in der Türkei – direkt erlebbar.
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Dolmuş in der Türkei – Alltagstransport zwischen System und Spontanität
Ein bewährtes Konzept im öffentlichen Nahverkehr
Wer in der Türkei unterwegs ist – sei es in Großstädten wie Istanbul, Ankara oder Izmir, in Tourismuszentren wie Side oder Alanya oder in kleineren Provinzstädten – wird früher oder später mit dem Dolmuş-System in Berührung kommen. Dabei handelt es sich nicht um ein modernes Hochglanzprojekt, sondern um ein über Jahrzehnte gewachsenes, praktisches Verkehrsmittel, das sich durch Einfachheit, Effizienz und Nähe zum Alltag der Menschen auszeichnet.
Ein Dolmuş ist ein Sammeltaxi, in der Regel ein Kleinbus mit einer Kapazität von 8 bis 20 Sitzplätzen. Das Wort „Dolmuş“ stammt vom türkischen Verb „dolmak“ – zu Deutsch: „sich füllen“. Der Name ist Programm: Der Bus fährt, wenn er voll ist. Es gibt keine zentralen Buchungssysteme, keine digitalen Ticketlösungen, kein Streckennetz im westlichen Sinn. Trotzdem funktioniert das System – und das zuverlässig.
Zahlen, Daten, Fakten
Laut offiziellen Zahlen des Türkischen Verkehrsministeriums sind landesweit über 70.000 Dolmuş-Fahrzeuge im Einsatz (Stand 2024). Davon entfallen ca. 25.000 auf urbane Räume, insbesondere die Metropolregionen Istanbul (rund 7.500 Fahrzeuge), Ankara (4.000) und Izmir (3.800). In touristischen Küstenregionen wie Antalya, Muğla und Aydın sind es zusammen über 10.000 Fahrzeuge, die sowohl Einheimische als auch Touristen täglich befördern.
In beliebten Ferienorten wie Side, Alanya oder Bodrum übernehmen Dolmuşse neben klassischen Linienbussen die Hauptlast des Nahverkehrs. Während in der Hochsaison private Transfers, Shuttle-Busse und Mietwagen dominieren, bleibt der Dolmuş für viele Urlauber eine günstige und unkomplizierte Alternative, um Strände, Zentren und Nachbarorte zu erreichen.
Die Preise variieren stark nach Region und Strecke. In städtischen Gebieten liegen die Kosten für eine einfache Fahrt meist zwischen 15 und 35 Türkische Lira (ca. 0,50 bis 1,20 Euro). In touristischen Regionen kann der Preis bis zu 1,50 Euro betragen – insbesondere auf beliebten Routen mit hoher Auslastung. Bezahlt wird direkt beim Fahrer in bar.
Strecken und Betriebszeiten
Dolmuş-Routen sind nicht immer ausgeschildert, dennoch folgen sie in der Regel festen Linien. Die Fahrzeuge sind mit einem Schild an der Windschutzscheibe oder auf dem Dach gekennzeichnet. Gängige Strecken in Großstädten verlaufen zwischen Wohnvierteln, Einkaufszentren, Bahnhöfen und Universitäten. In ländlichen Regionen oder Ferienorten verkehren Dolmuşse zwischen Stadtzentren, Stränden, Hotelzonen und Wochenmärkten.
Ein typischer Dolmuş-Betriebstag beginnt zwischen 06:00 und 07:00 Uhr und endet gegen 22:00 bis 23:00 Uhr – in Touristenzentren auch später. Die Frequenz hängt stark von der Route und dem Fahrgastaufkommen ab. In Istanbul zum Beispiel fährt ein Dolmuş auf Hauptlinien im 3–5-Minuten-Takt, in Provinzstädten kann man auch 15–30 Minuten warten.
Wer sich über die möglichen Routen und touristisch interessante Ziele rund um Side informieren möchte, findet unter anderem hier eine Übersicht über beliebte Strecken und Tagesausflüge.
Organisation, Regulierung und Fahrweise
Trotz der scheinbar lockeren Struktur ist der Dolmuş-Verkehr in der Türkei klar geregelt. Die Fahrzeuge unterliegen der Aufsicht der jeweiligen Stadtverwaltungen und müssen bestimmte Standards erfüllen. So darf ein Dolmuş nur mit gültiger Gewerbelizenz betrieben werden. Diese Lizenz ist fahrer- und streckenbezogen und wird von den Kommunen in enger Abstimmung mit den örtlichen Verkehrsämtern vergeben.
Die Fahrer benötigen neben einem gültigen Führerschein der Klasse D auch eine spezielle Personenbeförderungsgenehmigung. Zudem sind sie verpflichtet, regelmäßig Gesundheitschecks und Schulungen zu absolvieren. In Großstädten wie Istanbul und Ankara werden diese Kurse jährlich durchgeführt, in ländlicheren Regionen alle zwei bis drei Jahre.
Die Fahrweise unterscheidet sich spürbar von anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Dolmuşse fahren – je nach Region – deutlich dynamischer, in manchen Fällen auch aggressiver im Straßenverkehr. Da die Fahrer oftmals auf Provisionsbasis arbeiten oder die Einnahmen täglich an einen Fahrzeugbesitzer abführen müssen, besteht ein starker Anreiz, möglichst viele Fahrgäste in kurzer Zeit zu transportieren. Das führt zu häufigem Anhalten, engem Fahrverhalten und kurzen Stopps am Straßenrand – mitunter auch ohne offizielle Haltestelle.
Allerdings hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Städte wie Antalya, Izmir und Eskişehir haben digitale Kontrollsysteme eingeführt, um den Fahrstil zu überwachen und Bußgelder bei Fehlverhalten direkt zu verhängen. GPS-Tracking, Kameraüberwachung und anonyme Fahrgastbewertungen sind mittlerweile in vielen Regionen Standard. Die Anzahl der Unfälle mit Dolmuş-Beteiligung ist laut Statistik der türkischen Sicherheitsbehörden zwischen 2018 und 2023 um fast 27 % gesunken.
Sicherheitslage und Vertrauen der Fahrgäste
Trotz gelegentlicher Kritik am Fahrstil genießen Dolmuşse in der Bevölkerung ein hohes Vertrauen. Besonders für Menschen ohne eigenes Auto – Senioren, Schüler, Geringverdiener – sind sie eine unverzichtbare Lebensader. Auch Frauen nutzen den Dolmuş häufig, da die Haltestellen flexibel sind und man sich meist in belebten Gegenden bewegt.
Ein Thema bleibt jedoch heikel: Überfüllung. In Stoßzeiten – vor allem in Istanbul, Izmir, Antalya und in Ferienorten wie Side – ist es nicht ungewöhnlich, dass Fahrgäste im Stehen mitfahren oder sich Sitzplätze teilen müssen. Laut Gesetz ist das eigentlich nicht erlaubt, wird aber in der Praxis vielerorts toleriert. Während der COVID-19-Pandemie wurden zeitweise strengere Obergrenzen eingeführt, inzwischen sind die Beschränkungen jedoch weitgehend aufgehoben.
Trotzdem gilt der Dolmuş als relativ sicher. Die meisten Fahrzeuge sind modernisiert, verfügen über Sicherheitsgurte, Handläufe und gut gewartete Bremsanlagen. Fahrzeuge, die älter als 10 Jahre sind, dürfen nur mit Ausnahmegenehmigung eingesetzt werden. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Dolmuşes liegt bei 8 bis 12 Jahren, je nach Region.
Praktische Tipps für Mitfahrer
Wer den Dolmuş nutzen möchte, braucht keine besonderen Vorkenntnisse – ein paar einfache Hinweise helfen jedoch, die Fahrt angenehmer zu gestalten:
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Barzahlung ist nach wie vor der Standard. Kartenlesegeräte sind nur in wenigen Großstädten im Einsatz.
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Kleingeld erleichtert den Einstieg – besonders bei kurzen Strecken.
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Man kann an fast jeder Stelle einsteigen, sofern es der Verkehr zulässt. Ein kurzes Handzeichen genügt.
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Aussteigen funktioniert mit einem kurzen Zuruf an den Fahrer: „İnecek var“ bedeutet „Ich möchte aussteigen“.
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Wer sich unsicher ist, wohin der Bus fährt, kann einfach nachfragen: Die meisten Fahrer helfen gern oder geben Tipps.
Gerade für Reisende, die sich außerhalb der typischen Hotelzonen bewegen wollen, ist der Dolmuş eine wertvolle Möglichkeit, mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Wer mehr über die klimatischen Bedingungen für eine gute Reisezeit wissen möchte, findet hier detaillierte Infos zum Wetter in Side.
Der Dolmuş im Tourismus – Zwischen Service und Erlebnis
Für viele Besucher der Türkei ist die erste Dolmuş-Fahrt ein kleiner Kulturschock – aber im besten Sinne. In einem Urlaub, der oft aus Hotel, Strand und organisierten Ausflügen besteht, ist der Dolmuş ein kurzer Moment des Eintauchens in den echten Alltag. Gerade in Regionen wie Side, Alanya, Bodrum oder Marmaris ist das kleine Sammelfahrzeug zu einem festen Bestandteil des touristischen Erlebnisses geworden.
In Side zum Beispiel verbindet der Dolmuş die Hotelzonen von Kumköy, Titreyengöl oder Evrenseki mit dem antiken Stadtzentrum, dem Amphitheater, den Stränden oder dem Hafen. Viele Touristen, die den ganzen Tag am Pool verbringen, nutzen ihn spontan für einen Abstecher zum Markt oder zum Sonnenuntergang an der Promenade. Man braucht keinen Plan – einfach rausgehen, warten, winken, einsteigen. Der Bus hält fast überall.
Flexibilität, die geschätzt wird
Was den Dolmuş für Urlauber so attraktiv macht, ist die Mischung aus Unkompliziertheit und Flexibilität. Es gibt keine vorgeschriebene Route für den einzelnen Gast, aber trotzdem funktioniert alles reibungslos. Wer dem Fahrer „Side Zentrum“ sagt, wird in der Regel direkt vor der antiken Stadtmauer abgesetzt. Wer „Novamall“ sagt, landet vor dem Einkaufszentrum. Wer „Strand“ sagt, kann davon ausgehen, dass er irgendwo in der Nähe des Wassers aussteigt.
Für viele ist das angenehmer als ein Taxi, da man sich nicht über den Preis streiten muss. Die Gebühren sind festgelegt – auch wenn sie nicht immer ausgeschildert sind – und variieren je nach Strecke. In Side kostet eine Fahrt im Durchschnitt zwischen 30 und 45 Türkische Lira, also umgerechnet etwa 1 bis 1,5 Euro. Auch auf kürzeren Strecken, etwa zwischen Strand und Altstadt, wird pro Person abgerechnet.
Mehr zu Tagesausflügen und typischen touristischen Zielen in und um Side finden Sie hier bei Vigo Tours. Der Dolmuş ersetzt keinen geführten Ausflug – aber er ergänzt ihn oft auf wunderbare Weise.
Einblicke in den Alltag
Was viele Gäste besonders an der Dolmuş-Fahrt schätzen, ist das Gefühl, nicht nur Tourist zu sein. Man sitzt neben einheimischen Familien, Schülern, älteren Menschen – man sieht Gesichter, hört Sprache, beobachtet Gesten. Es ist kein geschützter Raum wie ein klimatisierter Reisebus, sondern ein offener Raum voller Leben.
Diese Authentizität wird von vielen Reisenden als besonders wertvoll empfunden. Im Gegensatz zum isolierten Hotelaufenthalt hat man hier die Möglichkeit, echtes Leben zu sehen – wenn auch nur für zehn oder fünfzehn Minuten. Wer regelmäßig mit dem Dolmuş fährt, wird oft erkannt, manchmal sogar gegrüßt oder angesprochen. Das schafft Nähe, ohne aufdringlich zu sein.
Wenn Sie sich für das Leben in Side außerhalb der Hotelanlagen interessieren, lohnt sich ein Blick in diesen Blogbeitrag über das alltägliche Side.
Sprachbarriere? Kaum ein Problem
Ein oft genannter Vorbehalt ist die Sprache. Viele Touristen fragen sich, wie sie sich ohne Türkisch verständigen sollen. Doch die Erfahrung zeigt: ein einfaches Lächeln, das Nennen des gewünschten Ziels und ein paar Brocken Englisch reichen fast immer aus. Die Fahrer sind es gewohnt, mit internationalen Gästen zu arbeiten. Manche sprechen ein bisschen Deutsch, manche ein paar Worte Russisch oder Niederländisch – je nach Region und Gästestruktur.
Außerdem ist der Dolmuş in seiner Struktur so einfach, dass Missverständnisse selten zu echten Problemen führen. Im schlimmsten Fall fährt man eine Haltestelle zu weit – und steigt einfach wieder ein.
Ein weiterer Pluspunkt: Im Gegensatz zu vielen anderen Verkehrsmitteln ist der Dolmuş auch bei spontaner Nutzung verfügbar. Keine Voranmeldung, keine Uhrzeit. Wer an der Straße steht und winkt, kann fast immer mitfahren.
Mehr als ein Verkehrsmittel – Der Dolmuş als Teil des sozialen Gefüges
Der Dolmuş ist in der Türkei nicht nur ein funktionales Verkehrsmittel. Für viele Menschen – besonders in kleineren Städten und ländlichen Gebieten – ist er ein alltäglicher Treffpunkt, eine Verbindung zur Gemeinschaft, ein Ort des Austauschs. Ähnlich wie der Teegarten oder der Friseursalon ist der Dolmuş ein Raum, in dem Menschen zusammenkommen – nicht geplant, aber regelmäßig.
Man kennt den Fahrer mit Namen, weiß, wann er seine Route beginnt, wann er Pause macht, ob er Musik hört oder lieber Radio-Nachrichten laufen lässt. Viele Fahrgäste begrüßen sich untereinander, tauschen kurze Worte aus. Für ältere Menschen ist der Dolmuş manchmal die einzige tägliche soziale Begegnung außerhalb der eigenen Wohnung. Für Schulkinder ist er oft der erste Schritt in Richtung Selbstständigkeit.
Auch in Städten wie Side, wo der Tourismus dominiert, sieht man diese soziale Komponente. Der Fahrer grüßt den Hotelportier, der Stammgast kennt die beste Uhrzeit, um einen Sitzplatz zu erwischen, und der Händler bringt seine frischen Tomaten mit dem ersten Dolmuş zum Markt. Es ist ein lebendiges Netz aus Alltäglichkeit.
In einem Blogbeitrag über die Stadt Side wird genau diese Mischung aus touristischem Glanz und lokalem Leben beschrieben – und der Dolmuş gehört eindeutig zum letzteren.
Dolmuş im Wandel – Zwischen Tradition und Modernisierung
Wie fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens ist auch der Dolmuş nicht frei von Veränderung. In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche, das System zu digitalisieren, transparenter zu machen oder teilweise zu ersetzen. Vor allem in Istanbul wurden einige Dolmuş-Routen durch offizielle Stadtbusse oder Minibusse im Linienbetrieb ersetzt. Auch die Einführung von Kartenzahlung, GPS-Verfolgung und festen Fahrplänen ist in größeren Städten im Gange.
Doch die Realität ist komplex. Gerade in Regionen mit viel Tourismus oder schlechter Infrastruktur bleibt der klassische Dolmuş unersetzlich. Seine Fähigkeit, flexibel zu reagieren, Menschen auf Wunsch direkt vor der Haustür abzusetzen oder kleinere Straßen zu befahren, macht ihn gerade dort wertvoll, wo Standardlösungen nicht ausreichen.
Auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit bietet der Dolmuş ein interessantes Modell. Ein gut ausgelasteter Kleinbus ist ökologisch sinnvoller als viele einzelne Privatfahrten mit dem Auto oder Taxi. Der geringe Preis macht ihn außerdem auch für untere Einkommensgruppen zugänglich – ein Aspekt, der im modernen Verkehrsdesign oft zu kurz kommt.
Laut einer Studie der Technischen Universität Istanbul (2023) liegt der durchschnittliche CO₂-Ausstoß pro Passagierkilometer im Dolmuş-System rund 30 % unter dem von klassischen Taxis. Die hohe Fahrgastdichte und die kurzen Strecken tragen dazu bei.
Was bleibt – und was sich ändern muss
Trotz vieler positiver Aspekte gibt es auch Herausforderungen. Der Wettbewerb um Fahrgäste, mangelnde Standardisierung und in einigen Regionen auch Korruption bei der Vergabe von Lizenzen belasten das System. In Ballungsräumen kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen Dolmuş-Betreibern und offiziellen Verkehrsgesellschaften, insbesondere wenn neue Metro- oder Buslinien eröffnet werden.
Zudem gibt es ein Generationenproblem. Viele Dolmuş-Fahrer sind älter, der Beruf ist körperlich anstrengend und mit langen Arbeitstagen verbunden. Junge Menschen schrecken oft vor den Arbeitsbedingungen zurück. In den kommenden Jahren könnte es deshalb zu einem Fahrermangel kommen – ein Risiko, das bislang wenig diskutiert wird.
Dennoch: Die Mehrheit der Bevölkerung – sowohl in den Metropolen als auch in den Kleinstädten – möchte am Dolmuş festhalten. Die Verbindung von Flexibilität, Erreichbarkeit und Alltagstauglichkeit ist schwer zu ersetzen. Selbst viele Tourist:innen empfinden den Dolmuş nicht als „minderwertig“, sondern als authentisch und direkt. Wer Side oder Alanya besucht und mit dem Dolmuş zum Markt fährt, sieht nicht nur eine andere Seite der Stadt – sondern versteht sie auch besser.
Ein letzter Tipp für alle, die sich für das richtige Wetter und die beste Reisezeit interessieren: Hier finden Sie eine fundierte Klimatabelle und Wassertemperaturen für Side.
Warum der Dolmuş bleibt – Ein System mit Seele
In einer Zeit, in der alles digital, effizient und standardisiert sein soll, wirkt der Dolmuş wie ein Überbleibsel aus der Vergangenheit. Kein WLAN, keine App, keine Push-Benachrichtigung. Stattdessen: Motorengeräusche, offene Fenster, echte Stimmen, improvisierte Haltepunkte. Und doch – oder gerade deshalb – funktioniert dieses System noch immer. Nicht nur technisch, sondern menschlich.
Viele der Vorteile, die den Dolmuş auszeichnen, sind schwer zu ersetzen. Seine Flexibilität, sein günstiger Preis, seine Nähe zum Alltag – all das hat er modernen Alternativen voraus. Während große Busse an festen Haltestellen vorbeifahren, hält der Dolmuş da, wo man ihn braucht. Während Fahrpläne in starren Takten ablaufen, fährt der Dolmuş nach Bedarf. Und während Ticketautomaten anonym und kühl sind, gibt es im Dolmuş ein Nicken, ein Wort, manchmal sogar einen Witz.
In den Ferienregionen wie Side ist das besonders sichtbar. Tausende Touristen, die sich in Hotels und Resorts aufhalten, erleben durch den Dolmuş einen Moment echten Kontakts: mit dem Fahrer, mit anderen Fahrgästen, mit der Stadt selbst. Für viele bleibt genau dieser Moment in Erinnerung – weil er unverstellt ist. Weil er nicht geplant oder inszeniert wirkt. Weil er einfach ist.
Wer mit dem Dolmuş fährt, merkt schnell: Hier geht es nicht nur darum, ans Ziel zu kommen. Hier geht es darum, unterwegs zu sein. Es geht um Begegnung, Beobachtung, Teilhabe. Vielleicht nur für ein paar Minuten – aber oft reichen diese, um ein besseres Gefühl für einen Ort zu bekommen, als es jede Broschüre vermitteln könnte.
Der Dolmuş ist kein Symbol für Rückständigkeit. Im Gegenteil – er ist ein Zeichen dafür, dass menschliche Systeme auch ohne große Technik funktionieren können, solange sie sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Dass Nähe, Vertrauen und Pragmatismus oft mehr bedeuten als Perfektion und Automatisierung.
Wer die Türkei wirklich verstehen will, sollte also nicht nur ihre Sehenswürdigkeiten besichtigen oder ihre Strände genießen. Er sollte in einen Dolmuş steigen. Sich setzen. Zuhören. Raussehen. Und einfach mitfahren.
Denn während Züge und Flugzeuge oft nur Anfang und Ende einer Reise markieren, zeigt der Dolmuş alles dazwischen.
Dolmuş in der Türkei: 20 Fragen und ehrliche Antworten
1. Was ist ein Dolmuş?
Ein Dolmuş ist ein türkisches Sammeltaxi – meist ein Minibus – der auf festen Routen fährt, aber flexibel hält.
2. Wo findet man Dolmuşse?
In fast jeder türkischen Stadt – besonders in Großstädten, Küstenorten und touristischen Regionen wie Side oder Alanya.
3. Wie spricht man „Dolmuş“ aus?
„Dol“ wie in „Dollar“, „muş“ wie „musch“, weich ausgesprochen: „Dolmusch“.
4. Muss man den Fahrpreis vorher bezahlen?
Nein, man zahlt direkt nach dem Einsteigen beim Fahrer – meist bar.
5. Kann man überall einsteigen?
Fast überall – man winkt einfach am Straßenrand. Wenn möglich, hält der Fahrer an.
6. Gibt es feste Fahrpläne?
Nein, aber die Busse fahren regelmäßig, besonders tagsüber.
7. Wie viel kostet eine Fahrt?
Je nach Strecke meist zwischen 15 und 45 TL – also etwa 0,50 bis 1,50 Euro.
8. Kann man im Dolmuş sitzen?
Ja – aber in Stoßzeiten kann es vorkommen, dass man stehen muss.
9. Ist der Dolmuş sicher?
Ja, in der Regel sicher. Die Fahrer sind erfahren, die Fahrzeuge regelmäßig geprüft.
10. Kann ich als Tourist den Dolmuş nutzen?
Absolut – viele Touristen fahren mit dem Dolmuş, besonders in Urlaubsorten.
11. Muss ich Türkisch sprechen?
Nein. Ortsnamen oder einfache Worte reichen. Die Fahrer verstehen meist genug.
12. Kann man mit Gepäck fahren?
Ja, aber bei großem Gepäck (Koffer) kann es eng werden.
13. Gibt es Klimaanlage im Dolmuş?
Manche Fahrzeuge haben sie, andere nicht. Fenster sind oft offen.
14. Wann fährt der erste Dolmuş?
Meist ab 6 oder 7 Uhr morgens – je nach Stadt.
15. Wann fährt der letzte Dolmuş?
In der Regel zwischen 22 und 23 Uhr. In Ferienorten auch später.
16. Wie erfahre ich, wohin der Dolmuş fährt?
Ziel steht meist auf einem Schild vorn am Fahrzeug. Oder man fragt einfach den Fahrer.
17. Gibt es Haltestellen?
In Städten ja, aber generell kann man flexibel ein- und aussteigen.
18. Gibt man dem Fahrer ein Trinkgeld?
Nein, das ist nicht üblich – aber Wechselgeld wird freundlich zurückgegeben.
19. Wie signalisiert man, dass man aussteigen will?
Man sagt z. B. „İnecek var“ (Ich möchte aussteigen) oder ruft kurz nach vorn.
20. Was ist das Besondere am Dolmuş?
Er bringt Menschen zusammen, ist günstig, flexibel und gehört zum echten Türkei-Erlebnis.
Fazit
Der Dolmuş ist kein modernes Verkehrswunder – und gerade das macht ihn so besonders. Er steht für Nähe, Einfachheit und Alltag. Ob in der Großstadt oder im Ferienort: Wer mit dem Dolmuş fährt, erlebt die Türkei aus einer ehrlichen Perspektive. Für viele Einheimische ist er unverzichtbar, für Gäste eine Gelegenheit, Land und Leute wirklich kennenzulernen. Vielleicht ist es nicht die bequemste, aber sicher die lebendigste Art, unterwegs zu sein.